Was treibt mich an gegen das Bebauen auf einem natürlich gewachsenen Wald zu sein, der sich nach dreißig Jahren in einer mir fremden Stadt entwickelt hat? Und warum setze ich mich für den Erhalt der Grünfläche ein und mache darauf aufmerksam über die Grenzen hinaus?
Vor dreißig Jahren war ich in der Umweltschutzgruppe Robin Wood. Wir haben damals gegen Abholzung, für mehr Grün, für Maßnahmen gegen die drohende Klimaveränderung gekämpft. Schon damals…
30 Jahre später ist keiner so richtig schlauer geworden. Der Kampf von damals zeigt, wie wenig eigentlich gemacht wurde. Wenn zwei Schritte nach vorn gingen, ist man mit Kompromissen wieder ein Schritt zurück gegangen.
Mit Immobilien lässt sich eben viel Geld verdienen, sogar mit staatlicher Unterstützung klimafreundlich bauen und eine schicke Industriekultur genau maßgeschneidert in die Mitte legen. Schöner Wohnen im Ruhrgebiet…
Ist doch alles halb so wild. Die Natur passt sich an. Wir bauen auf einer Fläche, die schon vor Jahrzehnten von Altlasten befreit wurde.
Bergschäden wird es nicht geben. Und sowieso brauchen wir Wohnungen. Wo sollen die vielen Menschen hin, die dann von Düsseldorf ins sicherlich sehr attraktive Oberhausen kommen, um dann auch dort billiger zu wohnen.
Argumente, die ich damals schon gehört habe. Feuchtgebiete wurden bebaut. Zack nach ein paar Jahren gab es Schimmel im Keller. Auf einem Bochumer Zechengelände sollten Eigentumshäuser gebaut werden. Zack. Da musste doch mehr als 5 Meter ausgebaggert werden. Huch, es wurden am Ende sogar 15 Meter. Teure Angelegenheit.
Schon 2004 wollte man das Gelände Zeche Sterkrade bebauen, warum wurde es nicht gemacht?
In der Zwischenzeit sind die Kinder Erwachsen geworden, die dort in den Wäldern gespielt haben. Heute würden sie lieber wegziehen, wenn sie dort mit 800 neuen Wohneinheiten zusammen leben müssten, das Grün nahezu zerstört, angepasst und von Menschen wieder einmal zurechtgestutzt wurde.
Der entstandene Podcast, der am 7.9. um 12 Uhr erscheinen wird, zeigt die Menschen, die nicht nur darum kämpfen, das die seltene Kreuzkröte weiter quacken kann, wo früher Kohle aus den Tiefen geholt wurde.
Er wird ausführlicher als die üblichen Infos aus Zeitung und Co sein. Dort wird meist eh die Immobilienfirma RAG Immobilien und das Projekt so unglaublich positiv dargestellt. Dabei wird vergessen, dass Oberhausen in zu den versiegelsten Städten Deutschlands gehört nach München auf Platz 2.
Da ist mein Aufruf an die Letzte Generation : Klebt euch an die Stadtplanung, klebt euch auf die Straßen, wenn die Baumfäller und Bagger kommen, um das Mikroartensterben in der Stadt dem Erdboden gleichmachen werden. Hier geht es um das städtische Klima. Auch ein Mikroklima kann das Stadtleben beeinflussen. Es droht eine Erhöhung der Temperatur innerhalb Sterkrade. Das Artensterben wird wieder zunehmen.
Würde es noch Robin Wood geben vor Ort, würden wir Aufrufe gegen die Bebauung quer über das Fördergerüst hängen haben und noch mehr Aktionen gestalten.
Doch diese Aktionen im gemächlicheren, aber kampflustigen Ton, macht die Bürgerinitiative Zeche Sterkrade, die zuletzt bei dem Bürgerdialog das Zelt verlassen hat, weil kritische Fragestellungen einfach nicht erwünscht waren.
Ein übler arroganter Tropfen auf die doch so tolle Demokratie, die hier nicht gehört werden wollte. Eine andere Meinung zu haben, ist gerade bei mehr Grün nicht erwünscht.
Es will mit aller Macht gebaut werden. Die Stadt braucht Geld und RAG Immobilien will Geld verdienen, ob für den Erhalt als Tochterfirma um die Folgekosten des Bergbaus für die nächsten 10000 Jahre zu decken oder um den Managern mehr Boni am Jahresende auszuschütten. Man weiß es nicht. Hauptsache Geld und Grundsteuer auf der Habenseite.
Wieder mal auf Kosten der Natur. So wie es mit dem Autobahnkreuz Sterkrade falsch läuft und die Hälfte des Waldes dort unweit von dieser Bebauung für noch mehr Asphalt und Blechlawinen im trotzdem real existierenden Stau gefällt werden wird.
Klar, das Ruhrgebiet ist längst nicht mehr die graue stinkende Maus mit dampfenden Schloten. Hier und da hustet noch eine Kokerei und ein Stahlkocher. Aber das ist ja das schönste, was es gibt, das die Natur sich die jahrzehntelange Verseuchung zurück holt. Denn früher war eben nicht alles besser.
Ohne Bergbau wären wir alle nicht hier. Warum wird aber nicht einfach mal die Rückeroberung der Natur auf den verseuchten Gewerbeflächen akzeptiert?
Warum lassen wir den Kauz nicht einfach brüten und fliegen, den Eisvogel ansiedeln und den schönsten Schmetterling sein Plätzchen?
Einfache Antwort :
Weil damit kein Geld zu verdienen ist.
Es gibt Leerstand in Sterkrade : Möbelhaus Finke. Ein sehr großes asbestverseuchtes Haus. Ein Abriß muss so oder so her. Wann steht in den Sternen.
Die Fläche ist eine einzige riesige Betonfläche, die in Sterkrade das Mikroklima im Sommer stark erhitzt. Doch auf dem Gelände bietet sich der Bau doch definitiv am besten an für neue Wohnungen.
Ein Generationenhaus oder mehrere mit schicken kleinen Cafés und kleinen Geschäften, wo die Miete bezahlbar bleibt und die umliegende Fußgängerzone dadurch belebt wird. Etwas würde sinnvoll angelegt werden statt wieder einen Grünzug zu bebauen.
Eine Schande ist allein der Gedanke die natürliche Entwicklung wieder einmal zu stoppen. Egal, ob klimafreundlich gebaut wird oder nicht.
Denkt einfach mal darüber nach, was in unmittelbarer Nachbarschaft wunderbar und erholsam ist, wenn eine harte Arbeitswoche oder auch nur ein Tag hinter einem ist: Ein Gang durch eine Wald und Wiesenlandschaft mit summenden Bienen, singenden Vögeln, sanft wedelnden Blättern von unzähligen Bäumen, die einen Überschuss aus Sauerstoff für die Produktion von Glückshormonen ankurbeln.
Ich wohne im Grün und würde es nicht verlassen. Ich würde wegziehen, wenn nebenan die Bäume für ein neues Haus gefällt werden würden.
So verstehe ich auch die Anwohner und Anwohnerinnen, die nach der drohenden Fertigstellung auch mit noch mehr Autos klarkommen müssen. Aber wenigstens entlastet dann das vergrößerte Autobahnkreuz den Verkehr vorher…