Herbert Schröer von Aktion Leben & Lernen in Bosnien & der Hilfstransport im Mai 2024 I +Videopodcast I +Podcast I +Fotos

Herbert Schröer wirkt auf mich so alt wie das Grundgesetz, aber zugleich jünger, wie dessen neueste Auflage. Es ist unglaublich, dass dieser 75-jährige Mann noch immer den Sprinter mit Anhänger seelenruhig über viele Kilometer nach Bosnien hinweg lenkt. Als Beifahrer saß ich beim Hilfstransport am 22. Mai 2024 nach Bihac, Bosanska Krupa, Fojnica inklusive der staatlichen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen Drin, Sarajevo und Velagici.

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Herbert Schröers beruflicher Werdegang begann nach der Volksschule, gefolgt von einer Ausbildung zum Heizungsbauer. Nach vier Jahren erlebte er eine Wirtschaftskrise und fand als Schlosser und Schweißer im Bergbau Arbeit.

Dann entschied er sich für den zweiten Bildungsweg und absolvierte sein Fachabitur. Er arbeitete in einer Werkstatt für Behinderte bevor er Sozialarbeit studierte. Zuletzt war er Leiter   (geändert) der Werkstatt Constantin in Bochum, nur zwei Kilometer von meinem damaligen Wohnort entfernt, als ich 1995 von Bottrop nach Bochum zog.

Sein Schwager gründete die Stiftung „Aktion Stiftung – Menschen in Not“ in Castrop-Rauxel, die Menschen in Armut unterstützt, beispielsweise bei nicht bezahlbaren Stromrechungen und  anderes mehr. Die Stiftung unterstützt auch die Bosnienhilfe. Herbert Schröer war im Verein dort Vorstandsvorsitzender.

Als Podcast hören:

Warum berichte ich über Bosnien und einen Verein, der sich mit Hilfstransporte der besonderen Art beschäftigt?

Es gibt viele Gründe!

  1. Wir haben viele Bosnier im Ruhrgebiet, die geflüchtet sind durch den Krieg und hier ein neues Leben angefangen haben.
  2. Ich habe auch nach 1995 durch meinen Umzug nach Bochum, noch jahrelang die Container gegenüber des Trainingsplatzes vom VfL Bochum gesehen, die Menschen aus dem Land beherbergten bis sie wieder entweder zurück gegangen sind, ihr Asylantrag abgelehnt wurde oder eine Arbeit und Wohnung beziehen konnten. Irgendwann waren die Container nicht mehr da.
  3. Ist es ein besonderer Verein im Ruhrgebiet, der mit viel Enthusiasmus Hilfe zur Selbsthilfe schaffen will bei den kleinsten und ärmsten des europäischen Landes, die sich nicht selber helfen können: Die Kinder!
  4. Ich wollte selbst sehen, was der Verein vor Ort macht und mir ein Bild machen.
  5. Wollte ich drüber schreiben, einen Podcast machen und Freundschaften in einem fernen Land schließen
  6. Ich bin neugierig auf das Leben. Bosnien-Herzegowina ist somit irgendwie stark verbunden mit dem Ruhrgebiet, zusätzlich mit dem Verein, so dass ich das mir noch unbekannte Land kennenlernen wollte.
  7.  Hilfe zur Selbsthilfe ist ein sehr gutes Motto für diesen Verein. So etwas unterstützte ich gern.
  8. Habe ich Fojnica besucht. In der Stadt wurde über Jahrhunderte Silber abgebaut und Münzen daraus hergestellt. Indirekt hat die Stadt indirekt ein ähnliches Schicksal erlebt, wie die Städte des Ruhrgebiets, nur etwas anders. Bergbauinteressierte Menschen werden deswegen auch von mir hierüber informiert.

Die Idee der Gründung

Amela Halilovic hatte die Idee zu dem Verein „Aktion Bosnien“. Sie sah, wie auch mit Fördergeldern Entwicklungsprojekte im Ausland ins Laufen gebracht werden konnten, wie z.B. in Rumänien. Sie unterstützte in ihrer Heimatstadt Bosanska Krupa mit vielen kleinen Hilfsprojekten. Entscheidend war eine Bitte einer Schulleiterin „Druga Osnovna skola“ beim Kauf und Einbau einer Heizkesselanlage zu helfen. Eine Flutkatastrophe hatte die Keller überflutet und die Kinder hätten zuhause bleiben müssen vor der Kälte, die in den Räumen drohte. Herbert Schröer unterstützte mit der Stiftung ohne lange Nachzudenken dieses Projekt. So gründete sich zur Verbesserung der sozialen Situation und Bildungsmöglichkeiten, mit dem Ziel zur Selbsthilfe am 15.11. 2014 der Verein „Aktion-Leben und Lernen in Bosnien“. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Motto.

Zum besseren Verständnis – Ein kleiner Abriss der bosnischen Geschichte

Bosnien-Herzegowina hat eine reichhaltige wechselvolle Geschichte seit der römischen Besetzung. Eine Zeitlang gab es einen eigenen König, dann fiel es an das Königreich Ungarn, auch der kroatische König und das Byzantinische Reich herrschte über das Gebiet. Von 1230 bis zum Erlöschen der Dynastie des Hauses Komaric 1463 gab es einen Ban, einen Bosnischen König, bevor die Osmanen das Land eroberten. Sie beherrschten das Land bis zur österreichisch-ungarischen Annexion 1908.

Nachfolgendend tauchten Unruhen, Krisen und  Nationalkämpfe tauchten auf. Am 28.7.1914 gab es den folgenschweren tödlichen Schuss in Sarajevo durch die serbische Terrororganisation Schwarze Hand. Der junge Terrorist Gavrilo Princip tötete den Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau während eines Besuchs. Der erste Weltkrieg entbrannte und zeigt seine Spuren bis heute. Danach gründete sich Jugoslawien.

File:Gavrilloprincip.jpg
Für Europa Urheberschutzfrei aus Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gavrilo_Princip

Unter Jozip Broz Tito wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Vielvölkerstaat Jugoslawien mit harter Hand bis zu seinem Tod  zusammengehalten. Er hat das Land etwas gemäßigter und offener regiert als die östlichen  kommunistisch beherrschten Länder unter der sowjetrussischen Vorgabe. Es gab Reisefreiheit.

Jozip Broz Tito I Foto aus Wikipedia Urheberschutzrechtfrei: https://de.wikipedia.org/wiki/Josip_Broz_Tito

Aber nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und Titos Tod, kamen die bisher friedlich zusammenlebenden Nachbarn Serben und Kroaten nicht zu einer guten Lösung, sondern griffen nach den Waffen. Der Nationalismus forderte viele Todesopfer.

In Bosnien – Herzegowina gab die Bevölkerung über 99 %ige Zustimmung bei einem demokratischen Referendum zur Gründung eines eigenen Staates unabhängig von Jugoslawien. Die Serben boykottierten weitgehend ihr Kreuz zu setzen. Das verhinderte aber nicht, dass mit über 63 % Einverständnis der Bevölkerung am 3.3.1992 die Unabhängigkeitserklärung von Jugoslawien bekannt gegeben wurde.

Sobald die Bekanntgabe war, begann die Gewalt. Ein unvorstellbarer Genozid gegenüber der bosnischen Bevölkerung begann. Noch heute sind nicht alle Massengräber gefunden worden.

Es gab Konzentrationslager, wo Menschen verhungerten, fast wie in Auschwitz wurden sie hinter Stacheldraht gehalten.

Kaum vorstellbar, dass es nach dem zweiten Weltkrieg wieder so eine Situation geben sollte. Leider wiederholte die Geschichte sich in gewisser Form in diesem Krieg.

Schlimm waren auch die Scharfschützen, die nur darauf warteten Menschen zu erschießen, die nur kurz einkaufen gingen. So war es leider im Land von 1992-1995. Die Spuren sind bis heute zu sehen, wie bei uns in Berlin am Reichstagsgebäude: Einschusslöcher, Granattrichter und sichtbare Mauerschäden. Europa suchte viel zu lange nach Lösungen. Die Diplomatie erreichte dann endlich am 14.12.1995 mit dem Dayton-Vertrag in den USA unter der Leitung von US-Präsident Bill Clinton und Beteiligung der Europäischen Union endlich einen ersten Schritt zum Frieden. Aber der Vertrag erreichte auch, dass es nun einen Staat gab, der mit den drei Ethnien und entsprechenden drei wechselnden Staatsoberhäuptern klar kommen musste, die alle ein eigenes Kabinett haben.

Kriegsschäden aus den 190ern am Haus 2024

Durch den Krieg brachen viele Industriezweige zusammen, die im jugoslawischen Staat zur Produktion von Industriegüter, zur Stromerzeugung und für den wirtschaftlichen Handel wichtig waren. Dies führte zu einer hohen Arbeitslosigkeit. Herbert betont im Podcast, dass aufkeimender Nationalismus immer schädlich für ein Land ist.

Besonders in den Kantonen hat er erlebt, wie schwierig es ist, Projekte wie die barrierefreie Gestaltung von Schulen für Kinder mit Behinderungen umzusetzen. Und das ist nur ein Beispiel. Die Menschen helfen sich meist selbst irgendwie, und dass sie enttäuscht sind von der Politik, egal wer wie dort regiert. Das ist ein fatales Zeichen an die Politik. Sie ist wichtig, um ein Land zu repräsentieren und seine Bevölkerung zu hören und entsprechend zu unterstützen. Doch es passiert nicht viel. 

Mir reichte ein Blick auf die Schulräume und ich habe gedacht, dass ich da sitzen könnte in dem Klassenraum von 1987. Der gleiche alte Fernseher. Ein Computer von Anfang bzw. Mitte der 1990er und Stühle, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Wer die Schulen sieht, sieht dass im Land was nicht stimmt. Und das kann man übrigens ohne die PISA – Studie auch in Deutschland sehen. Die föderale Struktur lähmt auch hierzulande die Bildung in meinen Augen. Aber das ist ein anderes Thema.

Gastfreundschaft wird hoch angesehen in Bosanska Krupa

Daten von Bosnien-Herzegowina

Die Staatsflagge von Bosnien-Herzegowina ähnelt der europäischen Flagge. (Foto aus Wikipedia). Das gelbe Dreieck symbolisiert geographisch abstrakt die Umrisse des Landes, aber auch gleichzeitig die drei Ethnien der Serben, Kroaten und Bosniaken. Die Farbe Gold steht für Frieden und die Sonne. Das Blau steht für die Europäische Union. Dieser Flaggenentwurf des bosnischen Künstlers Mladen Kolobaric wurde durch den ersten hohen Repräsentanten Carlos Westendorp durchgesetzt, nachdem das Parlament natürlich wieder stritt, wie es auszusehen hatte. 

Die Sterne stehen für die Kantone. Allerdings sind es nur 9 Sterne, die das andeuten. Die Nähe zur Europäischen Fahne mit den Farben und Sternen ist eindeutig zu sehen. Diese Flagge gilt solange, bis sich das Parlament auf eine neue einigen würde. Scheinbar hat man sie jetzt akzeptiert. Ich finde sie passend zum Land. 

Fun Fact (wie es heute so schön heißt) am Rande: Mladen Kolobaric war auch künstlerischer Leiter für die Olympischen Spiele 1984 in Sarajevo. Die Bobbahn in Sarajevo haben wir am letzten Tag noch besucht.

File:Flag of Bosnia and Herzegovina.svg

Wichtige Daten des Landes /Quelle Wikipedia:

Größe: 51.197[3] km² 

Einwohnerzahl: 3.233.526 (2022)

Bevölkerungsdichte: 69 Einwohner pro km²

Hauptstadt: Sarajevo

Gründung: 1.3.1992 von Jugoslawien 

Währung: Konvertible Mark (KM/BAM)

Telefonvorwahl: +387

KfZZeichen: BIH

Der Vorsitz des Staatsoberhaupts wechselt alle acht Monate zwischen, den Serben, Kroaten und Bosniaken:
Denis Bećirović (aktuell) (bosniakischSDP)
Željka Cvijanović (serbischSNSD),
Željko Komšić (kroatischDF BH)
 
Religion: 50,7% muslimische Bosniaken, 30.7 % serbisch -orthodoxe Christen, 15,2 % kroatische römisch-katholische Christen (2013) 

10 Kantone: 

1.Kanton Una-Sana (Unsko-sanski kanton)4.125,0273.26166,2Bihać
2.Kanton Posavina (Posavski kanton/Posavska županija)324,643.453133,9Orašje
3.Kanton Tuzla (Tuzlanski kanton)2.649445.028168Tuzla
4.Kanton Zenica-Doboj (Zeničko-dobojski kanton)3.343,3364.433109Zenica
5.Kanton Bosnisches Podrinje (Bosansko-podrinjski kanton)504,623.73447Goražde
6.Kanton Zentralbosnien/Mittelbosnien (Srednjobosanski kanton/Srednjobosanska županija)3.189,0254.68679,9Travnik
7.Kanton Herzegowina-Neretva (Hercegovačko-neretvanski kanton/Hercegovačko-neretvanska županija)4.401,0222.00750,4Mostar
8.Kanton West-Herzegowina (Zapadno-hercegovački kanton / Zapadno-hercegovačka županija)1.362,294.89869,7Široki Brijeg
9.Kanton Sarajevo (Sarajevski kanton)1.276,9413.593323,9Sarajevo
10.Kanton 10 (Hercegbosanska županija/Livanjski kanton/Zapadnobosanski kanton)4.934,984.127

Bosnien und Herzegowina (Bosnien und Herzegowina)

QuelleTopographischer Hintergrund: NASA Shuttle Radar Topography Mission (public domain). SRTM3 v.2.
Urheber
Die Truppe des Hilfstransports nach Bosnien an der Grenzstation

Politik, Statistik und Kritik

Für mich ist das eher wie ein Kabarett, denn alle wollen irgendwie nur sich selbst repräsentieren und nicht das Land, die Schönheiten und die Menschen, die dort leben. So ist mein Eindruck von dem, was ich sah und was ich erfahren habe, als ich mich mehr mit Bosnien beschäftigt habe. Politische Verhältnisse möchte man vor der Kamera lieber nicht sagen, damit keine Probleme auftauchen. Eine freie Meinungsäußerung oder öffentliche Kritik sehen zuständige Politiker scheinbar nicht gern. Dabei ist offene Kritik auch eine mögliche Verbesserung für die Dinge, die wirklich sinnvoll sind getan zu werden. Dafür sollte Politik auch offen sein und entsprechend handeln. Das ist Politik: Reagieren und Handeln, so wie es die Basis nötig hat, und nicht wie es der Politik oder dem Parteiprogramm in den Kram passt. Ich war selbst in der Politik eine gewisse Zeit. Ich weiß wovon ich rede. In Deutschland gibt es in gewisser Form ähnliche Probleme. Aber auch das ist ein anderes Thema.

Die Republik Srpska, in der überwiegend Serben leben, umfasst 49 % des Landes. In den anderen 51% sind die Kroaten und Bosniaken, die wiederum in Kantone, wie unsere Bundesländer aufgeteilt sind. Jedes Kanton hat auch politische Repräsentanten. Auch diese empfinden scheinbar es sinnvoll das Land still stehen zu lassen. Ich übe Kritik in dem, was ich sah. So gern ich diplomatisch sein möchte, so möchte ich aber klipp und klar sagen, warum sind denn die Schulen in einem Zustand, der kurz nach dem Ende des Krieges aussieht?

Erster Eindruck in der wundervollen Landschaft sind die ehrwürdigen Minarette auf einem Hügel gewesen

Warum wird da nicht Geld für die Bildung in die Hand genommen? Warum werden die Kinder und die Eltern der Kinder nicht gefördert? Das sind Punkte, die einen sprachlos machen. Das Geld ist ja eine Investition in die Zukunft des Landes. Und alle Parteien sehen scheinbar nur sich selbst, aber nicht eine friedliche Koexistenz mit einem hohen Bildungsstand. Oder will man den hohen Bildungsstand nicht?

Nun, dann werden die Eltern ihre Kinder nehmen und ins Ausland gehen. Jedes Jahr leert sich eine Klasse in Velagici, also Eltern nehmen ihr Kind für eine bessere Ausbildung und bessere eigene Arbeit ins Ausland, meist nach Deutschland, so eine Lehrerin, die wieder zurück gegangen ist nach Bosnien, weil sie ihrer Heimat helfen wollte, genau wie Jasmin, der in Wuppertal aufgewachsen ist zur Zeit des Krieges. Seine Eltern sind nach Deutschland geflüchtet. Er ist aber zurück gegangen und freut sich über jede Hilfe für die Schule, denn Gelder für Bälle oder Computer für den Unterricht müssen sehr hart erkämpft werden und sind oft aussichtslos zu bekommen. Zu ihm werde ich extra berichten in einem der nächsten Beiträge wegen der Dokumentationsfilme, die noch nicht veröffentlicht sind.

Statistisch gesehen leben mittlerweile mehr als 226000 Bosnier allein in Deutschland seit dem Gründen der Republik.

Bosnien und Herzegowina – Bosnische Staatsbürger in der EU | Statista

Bis 2050 vermuten Statistiker durch das Anhalten von Auswandererzahlen und dem demografischen Wandel ein Rückgang der über 4,5 Mio Einwohner auf die Hälfte davon. Das ist ein katastrophaler Zustand für ein Land. Es sieht sogar eher nach einem natürlichen Rückgang der Einwohner aus. Und je weniger Einwohner, desto katastrophaler auch der Einspareffekt für den übriggebliebenen Teil.

Bosnien und Herzegowina – Gesamtbevölkerung bis 2050 | Statista

Eine weitere Statistik zeigt eine Stagnierung der Wirtschaft. Je mehr Auswandern, je weniger wird die Wirtschaft durch den Binnenmarkt gestärkt. Hier ist höchstens die Hoffnung mehr Einwanderung zu schaffen oder durch Tourismus Geld ins Land zu bringen. Ansonsten wird der Staat zusammenbrechen. Das klingt pessimistisch von meiner Seite, aber wenn die Politik sich dort nicht zusammenrauft und visionär nach vorne schaut, sieht es eher mau aus statt blühende Landschaften. Das macht die Natur allein, dafür braucht sie den Menschen nicht.

Bosnien und Herzegowina – Bewertung im Bertelsmann Transformationsindex (BTI) bis 2024 | Statista

Der Verein „Aktion Leben und Lernen in Bosnien e.V.“

Der Verein wurde vor zehn Jahren, 2014, gegründet und führt regelmäßige Hilfstransporte, ein bis zwei Mal im Jahr, nach Bosnien durch. Diese Transporte unterscheiden sich von den aktuellen Hilfsaktionen für die Ukraine. In Deutschland werden oft Dinge aus gesetzlichen oder anderen Gründen nicht mehr genutzt, die dann nach Bosnien gebracht werden. Das sind ausgemusterte Computer, auch Spielzeug für Kinder und Jugendliche, für Kinderheime entsprechende Kinderkleidung, oder auch für den Sportunterricht Bälle, Schultornister oder Schreibzeug, Druckerpapier, Laptops. Alles Dinge, die Schulen dem Verein mitteilen, was sie brauchen, das besorgt dann der Verein.

Vor acht Jahren fuhr Herbert zum ersten Mal mit seinem LKW-Führerschein bei einem Hilfskonvoi vom Roten Kreuz aus Ahrweiler mit. Der Verein Labdoo.org in Deutschland, den der Verein bei einem Ruhr-Dax-Treffen fand, rüstet alte Computer auf und sendet sie an Schulen in Entwicklungsländern. Das war so die Idee es ähnlich zu machen für die Bildung in Bosnien. Es geht darum Leben in Bosnien und das durch Lernen bzw. Bildung zu schaffen. Bisher hat der bosnische Verein mehr als  700 Computer ins Land gebracht und zig Schulen sowie  Hilfsorganisationen unterstützt. Ein- bis zweimal im Jahr werden Hilfstransporte durchgeführt, die Planung und Organisation dauert in der Regel ein halbes Jahr.

Herausforderungen und Projekte

Es ist schwierig, neue Mitglieder zu finden, und Infostände in Fußgängerzonen sind oft wenig erfolgreich, da die Menschen die Notwendigkeit von Hilfstransporten nach Bosnien nicht verstehen. Deshalb entstand die Idee, ein Filmfestival zu organisieren, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Seit sechs Jahren gibt es das in Deutschland einmalige bosnische Filmfestival in Bottrop. Ich nenne sie die „Bosnische Bottropiale“. Es heißt aber richtig:

Bosnia Herzegovina Looks Around Festival (bih-looksaround-festival.eu)

Dort wird auch die Politik eingeladen, Schauspieler*innen und Regisseure*innen. Ein großes Netzwerken durch viele Filme an drei Tagen entsteht und kann auch dem Verein nützlich sein bei dem ein oder anderen Projekt. 2024 findet es zwischen dem 22 und 24. November statt.

Kurzer Bericht über die Fahrt nach Bosnien

Am 22. Mai wollten wir um 12 Uhr losfahren, mussten aber noch die Zollpapiere fertigstellen. Schließlich fuhren wir um 14 Uhr los und erreichten mit Pausen um 8:36 Uhr die Grenze. Es dauerte noch zwei Stunden, um die Zollpapiere zu überprüfen, was 425 € kostete. In Deutschland hatten wir bereits 45 € Bearbeitungsgebühren bezahlt. Wenn die Zollgebühren in das bosnische Bildungssystem fließen würden, wäre das sehr sinnvoll. Lustig waren die herumstreundenden Hunde. Alle waren frei und bellten bis zur Grenze, die reinkommenden Fahrzeuge an. Niemand von ihnen ging über die Grenze nach Kroatien. Sie legten sich in den Schatten vom Zollhaus und schliefen. Versorgt werden sie hier bestens von den Mitarbeitern und anhaltenden Autofahrern. Von Radfahrern hielten sie nichts, sie bellten zwei junge Radfahrerinnen an und begleiteten sie eine zeitlang. Ob das Freude war, konnten wir nicht rausfinden. An der Grenze warteten auch der von der Caritas St. Theresien bereitgestellte Personentransporter mit der Truppe vom Berufskolleg. Jan Lachnicht und Dennis Homann, die Lehrer und die Schülerin Merle und Schüler Markus und Can. Sie waren von der Sonne schon wie Spiegeleier gut gebraten worden, während sie warten mussten. Nach einem gemeinsamen Foto und die zwei Stunden Wartezeit, ging es dann zur ersten Station Bihac.

Übrigens war ich verwundert, dass der Kaffee eine Mark kostete in der Zollkantine. Ich dachte, ich müsste jetzt meine alten DM-Münzen wieder aus der Geldbörse holen. Aber die bosnische Währung, die Konvertible Mark, wurde angelehnt an die Deutsche Mark. Beim Umrechnungsfakter 2:1, kam rechnerisch der gleiche Kurs, wie damals die DM getauscht wurde.

Bihac ist die Kantonshauptstadt von Una-Sana und liegt nah an der Kroatischen bzw. EU-Grenze. Dort besuchten wir die Tageseinrichtung für Menschen mit Behinderungen, „Radosti Druzenja„, wo uns die Leiterin Mirsada Hozic schon mit einem leckeren traditionellen Süppchen und selbstgemachte Burek erwartete. Diese Einrichtung ähnelt der Lebenshilfe in Deutschland und wird von einem Verein unterstützt, der aus Eltern von Kindern mit Behinderungen besteht.

Erster Eindruck in der wundervollen Landschaft von Bosnien, waren die ehrwürdigen Minarette einer Moschee auf einem Hügel

Am gleichen Tag fuhren wir zum Kinderheim nach Bosanska Krupa, um das meiste gespendete Material von Kinderkleidung, Spielzeug und auch Stofftiere abzugeben. Die Stofftiere hatte ich über eine von mir wegen ihrer Hilfe im Ahrtal gepodcastet. Monika Waterkamp hat eine Stofftiersammelaktion in Dorsten gestartet. Erfolgreich kamen so über 25 Kisten und Säcke Stofftiere zusammen, die allerdings nicht im Ahrtal gewünscht waren. Ich bot die Lösung an, an verschiedenen Hilfsorganisationen sie abzugeben. Ein Teil ist im Waisenhaus in der Ukraine über die Gesellschaft Bochum Donezk, die ich unterstütze, ein Teil bei der Triker Gemeinschaft NRW, die Spendenfahrten machen mit Kindern und Senioren und nun ist ein Teil in Bosanska Krupa gelandet. Aus hygienischen Gründen wurde es abgelehnt. Diese Gründe hörte ich auch bei einem angefragten Kinderheim in Deutschland. Merkwürdig, dass Stofftiere gewaschen in Second-Hand-Läden für Kinder weiterverkauft werden. Ich verstehe solche Aussagen einfach überhaupt nicht. In meinen Augen sollen die Kinder sich doch freuen! Das tun sie jetzt da, wo ich sie abgegeben habe mit Sicherheit!

Die Kindersachen, Stofftiere und Spielzeug sind am Kinderheim in Bosanska Krupa gelandet

In Bosanska Krupa wurden wir wieder gastfreundschaftlich empfangen. Der Tisch wurde mit den letzten Keksen und frischen Kaffee gedeckt. Die Schüler des Berufskolleg bereiteten hier ihr erstes Interview vor mit dem Lehrer Jan Lachnicht und dann fuhren wird zurück. Kamen nicht rechtzeitig an, denn der Lehrer Jasmin aus Velagici konnte nicht noch länger warten in Bihac. Für ihn waren Computer, Bälle und noch andere Dinge vorgesehen. Da er nicht alle Sachen mitnehmen konnte, waren wir am nächsten Tag nochmal da. Velagici liegt auf der Durchreise nach Fojnica, genau wie Jajce.

Eine Auszeichnung für den Verein bzw. Herbert Schröer

Die Schule in Velagici, wo wir Papier, Bälle für den Sportunterricht und Computer übergaben. Er lud uns natürlich an der Sana in einem dortigen Hotel Restaurant zu einem bosnischen Mokka ein und erzählte uns von spanischen Urlaubern, die extra zum Fliegenfischen zur kristallklaren Sana nach Bosnien kommen.

Die Natur ist das größte, was Bosnien zu bieten hat. Viele unberührte Landschaften von Bergen, Tälern und türkisfarbenen Flüssen, alte Geschichte, auch die erschreckende Neuzeitliche begegnet überall einen Touristen. Ein Land, dass es wahrlich zu erkunden gilt, so auch die alte Krönungsstadt Jajce.

Berglandschaft in Bosnien

Wir besuchten in Jajce eine Schule und übergaben eine besondere Spende übergaben: Ein Spender finanziert jedes Jahr ein Jahr lang das Frühstück für Kinder, deren Eltern es sich nicht leisten können.

Ein abendlicher Blick auf Bihac

In der schönen Kleinstadt Fojnica, wo auch eine sehr bekannte Rheumaklinik ist und ein altes Franziskanerkloster auf einem Hügel über der Stadt thront, wurden wir von Lehrer und Lehrerinnen aus der Republik Srbska und Sarajevo empfangen, die den Großteil der Computer verteilt bekommen haben, die sie auf ihrer Liste hatten. Alle waren sehr herzlich und auch bereit ein Interview zu machen mit Merle vom Berufskolleg. Nach dem herzlichen Händeschütteln das ein doppelter Regenbogen begleitet hat. Beim Verein wird ethnisch kein Unterschied gemacht. Allen im Land soll geholfen werden ohne Vorurteile oder Ethnie.

Einblick in die größte Einrichtung von Bosnien-Herzegowina für behinderte Menschen „Drin“

In Fojnica steht nah der Stadt die Staatliche Einrichtung „Drin“ für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Sie stand auf dem Plan genauer kennenzulernen. Ziada empfing uns herzlich. Sie ist nicht nur eine Dolmetscherin vor Ort gewesen, sondern auch eine Freundin für Herbert und in sehr kurzer Zeit auch bei allen Anwesenden geworden. Sie zeigte uns Fojnica und ging auch mit uns durch die Einrichtung.

Dort haben wir u.a. die Werkstatt besucht, die aus den Skoda – Werk in Sarajevo Textilreste bekommen, die einige aus der Einrichtung wiederum zu Pantoffeln umnähen mit schicken Mustern oder für einen Schlüsselbund zurecht stanzen. Jeder von uns durfte sich ein Teil als Geschenk aussuchen.

Allgemein erinnert der jetzige Zustand des Hauses eher an deutsche Einrichtungen in den 1970er Jahren. Es gibt abgeschlossene Abteilungen, wenig Spielmaterialien und einen riesigen Fernseher im Gemeinschaftsraum. Mit den Menschen, die eher wie Gefängnisinsassen dort wohnen, werden Tag und Nacht von enthusiastischen Pfleger und Pflegerinnen betreut. Fachkräftemangel gibt es natürlich auch hier. Viele sind bekanntlich ausgewandert. Die noch hier sind müssen starke Nerven haben. Und es ist wirklich eine Berufung hier den Job zu machen. Doch mehr als Pflege und Essen ist nicht machbar zum jetzigen Zeitpunkt. Mit mehr Teilhabe am Leben, und einfachen Heilpädagogischen Hilfen, können die Kinder und Jugendlichen vor Ort schon mehr angeregt werden.

Für den Besuch von Drin hat sich auch Barbara Jäger mit ihrem Mann aus Bochum angemeldet. Sie ist Heilpädagogin und hatte sich sehr dafür interessiert. Witzig ist wie klein die Welt wirklich ist, denn sie wohnt nicht mal 500 Meter von mir entfernt. Das wir uns nicht in Bochum kennenlernen, sondern im fernen Bosnien, ist schon eine erstaunliche lustige Anekdote.

Der neue Leiter des Hauses, ein Jurist, und der Psychologische  Berater vom Haus  führte uns durch die Einrichtung. Es durften nur Aufnahmen ohne Menschen gemacht werden.

Ein Neubau für die uralten Gebäude, in denen sehr schwere psychische Fälle betreut werden, wird mit staatlicher Hilfe errichtet. Es bleibt abzuwarten, wie die Organisation dort künftig aussehen wird. Der Verein plant, zusammen mit Barbara Jäger und der Fachhochschule für Heilpädagogik in Bochum, mehr Unterstützung zu leisten. Es wird geprüft, welche Möglichkeiten es gibt.

Zum Abschluss Sarajevo

Am letzten Tag besuchten wir die wunderbare Hauptstadt Sarajevo, um uns von allen Eindrücken etwas zu „erholen“. Drin hat allen etwas Schwermut gebracht. Die Altstadt in Sarajevo war allein ein sehr sehenswerter Besuch. Wir sind auch die Seilbahn zum „Olympischen Berg“ gefahren. Oben besichtigten wir den Anfang der Bobbahn, die im Krieg natürlich auch Schaden nahm. Dort oben kann man sehr viel wandern. Seit 2017 fahren wieder nach langen Jahren der Kriegsschäden wieder ein Seilbahn hoch. Der nachmittägliche Starkregen forderte uns leider auf, wieder zurück zu fahren.

Abreise

Er letzte Tag war ein langer Reisetag. Wir fuhren am 28. Mai los und waren am nächsten Tag um 7 Uhr morgens zurück. Mit leerem Sprinter und Anhänger ging es trotzdem nicht so schnell. Ich machte mich auf den Weg von Bottrop nach Bochum nach dem herzlichen Verabschieden zwischen Herbert, Dorothée und mir. Die Lehrer Jan Lachnicht, Dennis Homann und die Schüler Markus, Can und die Schülerin Merle vom Berufskolleg Bottrop, dem Beruflichen Gymnasium, waren schon eher da gewesen. Ich fuhr direkt zur Gesellschaft Bochum Donezk um dort für den Hilfstransport in die Ukraine wieder mit anzupacken.

Die schlafenden Hunde im Schatten der Grenzstation

Fazit

Alles in Allem war diese Reise für alle sehr besonders gewesen. Wir haben überaus große Gastfreundschaft erlebt. Wir haben die Freude in den Gesichtern gesehen, wenn wir die entsprechenden Hilfsgüter überreicht haben. Wir haben die Landschaft bewundert und das Essen und den Mokka genossen. Bosnien war auf jeden Fall wert besucht zu werden. Ich bin in den Verein eingetreten und werde die schwere Reise wieder auf mich nehmen, wenn es meine Zeit erlaubt.

Herbert wünsche ich auf jeden Fall weiterhin gutes Gelingen in seinem Tun. Der nächste Weg ist nun das Filmfestival am 22. bis 24. November 2024, das ich auch besuchen werde. Ich möchte schließlich die Dokumentation vom Berufskolleg sehen. Alle kommen in bestimmten Interviews vor mit unseren Eindrücken, die wir vor Ort hatten.

Hinweis

Zu der Reise werden einzelne Videos und Fotogalerien im Blog in der Vereinsrubrik entstehen mit einer ausführlicheren Reportage-Beschreibung. Der Podcast mit Herbert Schröer war der Auftakt zur weiteren Information. Deswegen scheint vielleicht dem ein oder anderen der Text zu kurz oder nicht informativ genug. Entweder abwarten bis alles nach und nach erscheint und schauen, oder einfach auf „Abonnieren“ gehen und den Newsletter erhalten. Die Daten werden von mir nicht verwendet!

Links

Zur Geschichte Bosnien-Herzegowina: Bosnien und Herzegowina – Wikipedia

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Mehr Informationen gibt es auf der Seite des Vereins:
http://aktion-bosnien.eu
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Facebook.com/aktion.bosnien
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Instagram:
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#aktionbosnien
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Filmfestival in Bottrop:
https://bih-looksaround-festival.eu I Bosnia Herzegovina Looks Around Festival

Instagram: bihlooksaround (@bihlooksaround_filmfestival) • Instagram-Fotos und -Videos
***
https://filmfreeway.com/Bosnia-HerzegowinaLooksAroundFestival
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Aktion-Bosnien
Gerichtsstraße 3
46236 Bottrop, Germany
 +49 2041 23019
 info@aktion-bosnien.eu

Öffnungszeiten: Freitag 10-12 Uhr

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Stiftung Menschen in Not in Castrop-Rauxel

Aktionen – Stiftung für Menschen in Not (stiftung-min.de)

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Auch hier sehe ich, dass der Bottroper Verein überregional bekannter sein muss und deswegen auch von mir speziell gefördert wird. Menschen aus einer Stadt, können aus anderen Städten Hand in Hand gehen, um mehr zu bewegen. Ich denke über die Stadtgrenzen hinaus. Denn nur Gemeinsam können wir solidarisch die Probleme der Welt vielleicht nicht lösen, aber zumindest eindämmen und unterstützen. Ein Schritt dazu macht der Verein „Aktion Leben und Lernen in Bosnien e.V.“, ein anderer die Stiftung für Menschen in Not in Castrop-Rauxel und es gibt weiterer Vereine, die viel Gutes tun, die ich auch nach und nach aufsuche und mit einem Podcast beehren werde, egal, wo sie im Ruhrgebiet sind.

Schaut euch die Videos und ausführlicheren Beiträgen zu den anderen Tagen an, um ein Gesamtbild der Reise, den Menschen und den Vereinstätigkeiten zu bekommen! Sie folgen nun nach und nach im Blog bzw. im Youtube-Kanal von mir einzeln pro Tag und als Gesamtvideo etwas gekürzt und von mir eingesprochen.

Dafür und natürlich für alle anderen Artikel und Informationen könnt ihr meine Internetseite abonnieren, denn bei neuen Aktivitäten des Vereins „Aktion Leben und Lernen in Bosnien e.V.“ wird es kundgetan in einer eigenen Rubrik, die ich eingerichtet habe.

Ich werde, so wie es meine Zeit erlaubt, den Verein unterstützen und wieder mitfahren, auch mit meinem eigenen neuen Transporter. Natürlich wird dann alles neue wieder berichtet werden.

Glück auf