Zum Erhalt der geschichtlichen Erinnerung und Mahnung, damit sich die Geschichte der ideologischen Tötungsmaschinerie der Nationalsozialisten nicht wiederholt widme ich als Blogger dieses ernste Thema den POTTmenschen, die zum Großteil dieses Regimes nicht überlebt oder nur knapp entkommen konnten. Es ist mir eine Herzensangelegenheit dies in diesem Sinne zu tun für alle Ruhrgebietsstädte.
In den ersten Erwähnungen finden sich die am 9.11.2021 neu verlegten Stolpersteine
In der Nacht vom 9.11.1938 auf den 10.11.1938 wurden in ganz Deutschland Synagogen und Bethäuser von Juden verbrannt oder verwüstet, Geschäfte zerstört und geplündert, Jüdische Männer und Frauen geschlagen und auch getötet. In Bottrop wurde das Bethaus an der Tourneaustraße von Innen zerstört. Nach dem Krieg wurde es ein Möbelhandel. Bottrop gehörte zu den Judenfreien Städten Deutschlands. Das Ziel Menschen anderen Glaubens verantwortlich für einen verlorenen Weltkrieg zu machen, den sie nicht verursacht haben und mit herangezogenen jahrhundertealter Vorurteile gegenüber dem Judentum. Die Juden, aber auch Sinti und Roma wurden innerhalb der zwölf Jahre andauernden Herrschaft der Nationalsozialisten ideologisch systematisch diskreditiert, erniedrigt, verurteilt, entmündigt, zur Flucht gezwungen oder am Ende einer Tötungsmaschinerie zugeführt, die in der Weltgeschichte einmalig in dieser Form war.
Der Ruhrpottologe André Brune behandelt diesen erinnerungswürdigen Tag als eine Herzensangelegenheit mit dem Aufruf gegen terroristischen Nationalismus und für das Hochhalten der Erinnerung, dass sich diese Geschichte nicht noch einmal wiederholt. Die Geschichte aller auf den Stolpersteinen im Ruhrgebiet muss erzählt und erhalten werden, deswegen wird dieser Bericht für die einzelnen Stolpersteinmenschen auch unter der neuen Rubrik POTTsteine als Würdigung in den Blog einfließen und erhalten bleiben. Da dies eine eher humorlose Angelegenheit ist, aber dennoch wichtig für die Geschichte des Ruhrgebiets, hielt ich es für wichtig, dies in den Blog mit einzubauen und auch auszubauen. Mit den Bottroper Stolpersteinen fange ich an.
Exakt am 9.11.2021 wurde die im letzten Jahr wegen der Pandemie ausgesetzte Stolpersteinverlegung für weitere BottroperInnen, die unter dem nationalsozialistischen Regime gelitten und gestorben oder geflüchtet sind, ausgeführt. Ob Jüdischen Glaubens, einer im Sinne der NSDAP falschen Partei zugehörig oder einfach nur regimekritische Äußerungen getätigt haben wurden vier neue und fünf ältere nach neuesten Nachforschungen ersetzt, wie z.B. der Stolperstein für Julius Dortort.
Ich war anwesend bei der Stolpersteinverlegung für August Steinsiek, geb. 1889, verhaftet 1939 nach Sachsenhausen und dann Dachau geschickt, dort am 10.11.1940 ermordet. Er war kein Jude, hat sich keiner Widerstandsbewegung angeschlossen, jedoch sagte er seine Meinung offen. August Steinsiek, war kein Jude, aber wahrscheinlich nahm er sie in Schutz und kritisierte das Umgehen mit Menschen im Land. Bis Nachbarn ihn denunziert haben. Er war der Erbauer der Stadtteiche in Bottrop und als angesehener Bottroper Bauunternehmer dann plötzlich „einfach weg“ aus der Wohnung der Overbeckstr. 35. Oberbürgermeister Bernd Tischler übernahm die Patenschaft des Stolpersteins und würdigte ihn in einer Rede. August Steinsieks Enkel Hans-Joachim Steinsiek hielt abschließend eine kritische Anmerkung über den Umgang mit der Bottroper Geschichte. Bestimmte beamtete Personen wurden entnazifiziert und konnten unbehelligt ihren Lebensabend verbringen, obwohl sie als Schreibtischtäter mitverantwortlich waren für das Leid nicht weniger BottroperInnen.
Die etwa 50 Anwesenden, darunter auch ein Urenkel von August Steinsiek, Jöran Steinsiek, bekannt von den Essener Stadtgesprächen oder auch aus Sonnenklar TV, lauschten der folgenden Rede vom Oberbürgermeister Bernd Tischler, der mir seine Originalrede aus der Manteltasche heraus zur Verfügung für den Blog schenkte und hier als Original nun bildlich abzulesen ist:
Anschließend besuchte ich die anderen Stolpersteinverlegungsstellen und machte für die Nachwelt Fotos für den Blog. Da sind die folgenden Personen zu nennen:
Julius Dortort, geb. 1891 in Zydaczow geboren, deportiert 1942 nach Riga, dann über Kowno nach Dachau Ermordet am 18.1.1945
Emil Dortort, geb. 1924 in Zydaczow, Flucht 1939 nach Belgien und Frankreich, ermordet im KZ Majdanek
Martha Dortort, geb. 1922, deportiert 1942 nach Riga, 1944 Stutthoff ermordet
Joseph Dortort, geb. 1928, Flucht nach Belgien und Frankreich, überlebte als einziger der Familie, die ein Bekleidungsgeschäft in Bottrop hatten und es erweiterten mit einer Möbelhandlung. Sie wohnten auf der Kirchhellener Straße 46 unweit des jüdischen Bethauses. Als gebürtige Ostpolen, die sich in Bottrop ein neues Leben aufgebaut haben, bekamen sie von den Schlägertrupps das Geschäft und die Wohnung stark verwüstet.
In der Bergstr. 1 wurden fünf Stolpersteine für die Familie von Adolf Krauthammer verlegt, bzw neuverlegt nach neuesten Erkenntnissen, wie bei der Familie Dortort:
Chilli Krauthammer, geb. 1885, aus Galizien, eingewiesen 1937 in die Heilanstalt Münster wegen chronischer Hirnhautentzündung. Verlegt und ermordet am 27.9.1940 in der Euthanasie-„Aktion T4“, gehörte sie zu den ersten „Proben“ für die großgeplante Judenvernichtung mit Gas.
Adolf Krauthammer, geb. 1883 in Nizniow (Galizien) gedemütigt und entrechtet, starb am 13.1.1941 in Bottrop: lebte seit 1913 in Bottrop. Startete mit einer Eierhandlung, dann mit einem Möbelgeschäft mit Osias Häusler. Er war von 1919 bis 1932 Vorstandsmitglied der Synagogenuntergemeinde Bottrop und ab 1932 stellvertretender Repräsentant der Synagogenhauptgemeinde Bottrop.
Max Krauthammer, geb. 1910 in Velbert, konnte 1934 über Frankreich nach Palästina fliehen, genau wie sein Bruder Walter, geb. 1912, der die Flucht 1936 nach Palästina schaffte.
Heinz Krauthammer, geb. 1925 in Bottrop, wohnte ab dem Tod seines Vaters Adolf im Februar 1941 bei seinem Okeln Josef. Er wurde 1942 nach Riga deportiert, 1943 Riga-Kaiserwald, 1944 nach Stutthof. Am 16.9.1944 kam er in das Außenlager von Buchenwald „Bochumer Verein“ ganz in der Nähe von Bottrop. Die Spur verliert sich im Hauptlager Buchenwald, wo er am 21.3.1945 zurückgebracht wurde. Die Befreiung am 11.4. hat er wahrscheinlich nicht erleben können.
Ein weiterer besonderer Stolperstein ist
Ernst Ender, geb. 1891 war im Widerstand und bei der SPD. Wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde er am 13.7.1936. verhaftet und kam ins Zuchthaus Herford. In „Schutzhaft“ genommen 1938 nach Buchenwald überführt, wurde er am 18.2.1941 entlassen. Von der Militärregierung wurde er am 1. Juli 1946 zum „Stadtverordneten-Vorsteher“ und Nachfolger von Oberbürgermeister Franz Reckmann ernannt bis zu den Wahlen am 13.10.1946. Aus gesundheitlichen Gründen und ein Autounfall wollte er sich nicht zur Oberbürgermeisterwahl aufstellen lassen.
Hier der komplette Textinhalt mit Urheber und entsprechenden Stolperstein-Paten im Original mit freundlicher Genehmigung vom Stadtarchiv Bottrop:
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