Woher stammt der Name Ruhrpott?
Auf der Suche, woher die Bezeichnung für das Ruhrgebiet kam sind wir über das ein oder andere gestolpert und was das alles eher lustig macht, statt seriös. Denn so einfach ist die Suche nicht gewesen. Ob sie erfolgreich war oder nicht, wird in diesem Podcast bzw. Videopodcast besprochen. Mehr Lesen, Hören oder Sehen im Blog:
Ruhrgebiet-Künstler Many Szejstecki aus Gelsenkirchen I Interview mit den Nachlassverwaltern Roland Szejstecki & Lukas Schepers I +Videopodcast I +Fotogalerie I +Podcast Folge #80
Geschichte von Sterkrade und seine Zeche I Ruhrgebiet erklärt Folge #2 I +Videopodcast I +Podcast Nr 79
Neuer Podcast startet! Ruhrgebiet erklärt #1 I Der Bergbau und seine Heiligen I Städte, Geschichte, Geschichten und Persönlichkeiten mit Jack Tengo I +Buchempfehlung I Licht im Schacht von Manfred Keller I +Videopodcast I +Podcast
Wer war die heilige Barbara? I Podcast #55
In Bottrop zahlt man mit Zloty
Podcast I +Fotogalerie I +Podcastfilm I Der Ruhrpottologe fährt mit Antje Herbst eine Historische Stadtrundfahrt in Bottrop
+Fotos I +Youtube-Interview-Video I Erinnerungsaktion für 72 gefallene Ruhrpottler beim Bottroper Rathaussturm 19.02.1919 von Sahin Aydin
Eine besondere Erinnerungs-Aktion hat mich bewegt nach Bottrop zu kommen, um den Lokalhistoriker Sahin Aydin ein wenig unter die Arme zu greifen. Leider war die örtliche Presse nicht anwesend für dieses für die Stadt so wichtige Ereignis.
Sahin Aydin wurde in der Türkei geboren und kam 1973 nach Deutschland. Seit 20 Jahren lebt er in Bottrop, setzte sich auch eine Zeitlang politisch für soziale Projekte in der Stadt ein, doch sein Hauptanliegen ist eine korrekte Darstellung der Geschichte seiner Wahlheimat, die ihm in der Türkei verwehrt bleibt als Kurde. Seit Jahren forscht er über den Bottroper Rathaussturm vom 19.02.1919. Denn dabei starben mehr als die bisher angenommen, die jedoch bis jetzt auch nicht gewürdigt wurden. In seinen bisherigen Forschungen stellt er fest, dass die Geschichte im Laufe der Zeit und vor allem durch den nationalsozialistischen Einfluss und deren mögliche Verfälschung in der Historie aller Städte in Deutschland neu aufgearbeitet werden sollte, wenn auch der Aufwand hoch ist. Es gibt zu vielen Dingen merkwürdigerweise gesperrte Akten bis Heute. Warum weiß keiner so genau. Sie werden aber unter Verschluss gehalten.
Für die weitere Erforschung dieser und anderer historischen und undurchsichtigen Ereignisse braucht es oft Kopien oder in digitaler Form weiterführende Informationen zum Zusammentragen eines korrekt angegebenen historischen Materials. So sind wichtigen Archivunterlagen im Landesarchiv und auch Bundesarchiv leider sehr teuer, wenn ein Lokalhistoriker Kopien und digitale Informationen/Fotos für die weitere Forschung mit nach Hause nehmen möchte viel Geld.
Stolperstein für den ersten Oberbürgermeister nach dem II. Weltkrieg und Schlichter Ernst Ender
Sahin Aydin kann das nicht alles stemmen, denn er hat aus eigener Tasche auch schon mehrere Stolpersteine-Widmungen bezahlt. Er hat auch den neuesten verlegten Stolperstein am 9.11.2021 für Ernst Ender angeregt und bezahlt. Ernst Ender war einer der Verhandler bzw. Schlichter beim Rathaussturm. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde er am 5.2.1938 in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert. Am 18.02.1941 wurde er wieder entlassen. Nach dem Krieg wurde er von den Alliierten am 1.7.1946 als Oberbürgermeister von Bottrop eingesetzt. Das Amt konnte er aber aus gesundheitlichen Gründen nur bis zum 13.10.1946 ausführen. Für Sahin Aydin ist es wichtig, dass die Geschichte richtig dargestellt wird. So wollte ich als gebürtiger Bottroper dabei sein, wie er mit 72 Luftballons an die 72 beim Rathaussturm am 19.2.1919 umgekommenen Menschen zu erinnern.
Sahin Aydin forschte in Presse- und Stadtarchiven, auch in den Nachbarstädten, und fand heraus, dass es mehr Todesopfer gab beim Rathaussturms. Zudem wurde in den 12 Jahren der Herrschaft der Nazis städtische Geschichten von örtlichen Historikern in ihrem politischen Sinne, auch für Propagandazwecke verändert. So wurde unter anderem für die Geschichte eine blutrünstige Legende gestrickt, wie das angebliche Zerreissen eines Kindes, das einfache Bergarbeiter bei dem Streik für mehr Lohn nach dem ersten Weltkrieg vollzogen hätten.
Chaotische politische Verhältnisse in der jungen Republik Deutschland nach dem Weltkrieg
Im Bottroper Rathaus war früher ein Polizeirevier und ein Gefängnis integriert. In diese wurden 22 Bergarbeiter der Zeche Prosper I und II am 18.02.1919 eingesperrt. Die meisten hatten einen Migrationshintergrund, denn sie waren polnische Einwanderer. Damals sagte man zu Bottrop auch „Klein-Warschau“, denn in Großteil der Bottroper Bevölkerung (1913 waren 51% Migranten) hatten damals polnische Wurzeln. Damals herrschte nach dem ersten Weltkrieg und der Abdankung des Kaisers Wilhelm II in den noch jungen Republikjahren das Chaos. Revolutionäre Umtriebe durch kommunistische Gesinnungsgenossen, wie auch die ersten Freikorps, die als Vorgänger der SA der Nationalsozialisten bezeichnet werden können, und auch Monarchistische Anhänger. Auch die in der Weimarer Republik regierende SPD nutzte diese Freikorps, um streikende Arbeiter zur Aufgabe zu zwingen. Die Wirtschaft lag am Boden. Jeder Streik, auch von anarchistischen und kommunistischen Seiten angefacht, um die Regierung zu destabilisieren, um in ihrem eigenen ideologischen Sinne, z.B. eine Räterepublik zu errichten. Den meisten Arbeiterfamilien ist die politische Gesinnung damals egal gewesen. Für sie war es wichtiger die Familie ernähren zu können. Der Umbruch in der jungen deutschen Republik sollten auch mehr Rechte und mehr Lohn für Arbeiter bringen. Auch die Frauen, die in den Kriegszeiten Männerjobs übernommen haben, die an die Front gekommen sind, wollten mehr Rechte und Lohn einfordern.
So wurden in den Anfängen der Republik Deutschland sogenannte Arbeiter- und Soldatenräte von den heimgekehrten Soldaten ohne Perspektive im eigenen Land gegründet, um eine bessere Nahrungsversorgung und mehr demokratische Rechte für die bisher unter dem Kaiser arm gebliebenen Arbeiterfamilien zu bekommen. Auch Soldaten, heimgekehrt ohne Perspektive im eigenen Land, weil sie den Krieg verloren hatten, gründeten Räte. Der langanhaltende Krieg verstärkte die Armut nur. Um es deutlicher zu machen, wie groß die Armut war ist: Ende Januar 1919 bekam jeder Bewohner von Bottrop 300 Gramm Brot und Tag und Möhren statt Kartoffeln zugeteilt. Die Lebensmittelversorgung ist nach dem Krieg seit dem November 1918 komplett zusammengebrochen. 150 Gramm Fett waren nur pro Woche und Bewohner zugeteilt. Die schlechte Versorgungslage basiert auch zum Großteil auf die Importbeschränkungen der Seeblockade der Engländer im Krieg.
Der undurchsichtige Rathaussturm
Bergarbeiter der Zeche Prosper I und II fingen Ende Januar an für mehr Lohn und Rechte zu streiken. Seit der Abdankung des Kaisers sahen sie das Streikrecht als Grundrecht an und nutzen dies auch. Gegründete Arbeiter- und Soldatenräte in Sterkrade und Mülheim haben gegründete Volkswehren, sogenannte Sicherheitswehren um Hilfe gebeten, um die 22 gefangenengenommenen Rädelsführer zu befreien, darunter waren die zum Schlichten anwesenden bekannten Persönlichkeiten anerkannter Parteien Alois Fulneczek (KAPD*), Ernst Ender (USPD**), August Banko (USDP), Ludwig Sittek (USPD) und Wilhelm Piefke (USPD). Der ihrer Meinung nach illegitim handelnden Bottroper Arbeiterrat sollte abgesetzt werden. Angehörige forderten an diesem Tag die Freilassung. Die Rathauswache fühlte sich bedroht und schoss in die Menge. Die ersten Toten pflasterten den Rathausplatz. Am Nachmittag des 19.02.1919 unterstützten Sicherheitswehren aus Oberhausen, Mühlheim und Düsseldorf die Rathauswache. Die Freilassung der Bergleute wurde wieder abgelehnt, weil der Freikorps „Lichtschlag“ Hilfe in dieser Angelegenheit angeboten hatte.
Widersprüchliche ungereimte chaotische Nachrichten kamen nach der Kapitulation der Rathausverteidiger zu Stande. Dreizehn Gefangene wurden schon bei der Gefangenschaft erschlagen. In der Essener Allgemeinen Zeitung wurde über die 25 Tage andauernde Verhandlung gegen die angeklagten Rathausstürmer berichtet: 21 Angeklagte, Zeugen, Staatsanwalt, Richter und Rechtsanwälte sind zu Wort gekommen. Elf der Rathausverteidiger fanden bei den Kämpfen den Tod, davon fünf, die erschlagen wurden. So wurde damals der Tod und die Anzahl der Rathausverteidiger instrumentalisiert, um streikende Bergarbeiter als blutrünstige Verbrecher darzustellen, die sie mit Sicherheit nicht waren. Doch insgesamt starben mehr, fand Sahin Aydin raus.
Schlichter und Verhandlungsführer Alois Fulneczek wurde umgebracht
Alois Fulneczek, war einer der Sprecher und Verhandlungsführer der Bergleute und gleichzeitig der größten Migranntengruppe, der katholischen Polen in Bottrop. Fünf der verurteilten polnischen Streikleiter von Prosper waren Jankowski, Zurek, Pietrowski, Bujotzek, der schwerverwundete Skupin und getötete Skowroneck. Als die Streikposten von der Volkswehr/Freikorps angegriffen wurde, starb dabei ein Volkswehrangehöriger.
Sie waren ein gefundener Sündenbock für die undurchsichtige Situation des Rathaussturms. Alois Fulneczek wurde verhaftet und am 23.2.1919 durch den Freikorps Lichtschlag, so ein militärischer Bericht, auf der Flucht erschossen (aus Rudolf Isforts Bericht: Aus den Tiefen der Hölle …Quellenangabe unten). Jedoch brachte man ihn wohl, so laut Augenzeugenberichten direkt im Amtsgerichtsgefängnis um.
Persönliches Gedenken an die Gefallenen des Rathaussturms gehört in den Ruhrpottologen-Blog
Auch diese Geschichte des Ruhrpotts gehört mit immer neueren Erkenntnissen durch Sahin Aydin und Dr. Peter Berens zu den Geschichten im Ruhrpottologen-Blog. Jeder kann den Rathausverteidigern, aber auch den Bergleuten, die umgekommen sind, gedenken. Die Rathausverteidiger sind im Eingangsbereich des Westfriedhofs von Bottrop gegenüber des Kriegerdenkmals begraben worden. In meinen Augen sind damals in diesen undurchsichtigen Zeiten zu viele Menschen auf beiden Seiten umgekommen. Ob durch Hunger und schlechten Arbeitsbedürfnissen der Bergleute kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, sowie auch bei den undurchsichtigen ersten Maßnahmen der regierenden Parteien in Stadt, Land und Staat. Ich persönlich Gedenke allen Gefallenen beim Rathaussturm, egal welcher Gesinnung, denn jeder Tote ist einer zu viel gewesen. Der Erste Weltkrieg hat schon zu viele Menschenleben gekostet und Frauen und Eltern Mann und Kind an den Fronten gelassen. Ehren wir also mit Sahin Aydin die bisher gefundenen 72 Toten, egal von welcher Seite, die leider nicht alle mit Namen gefunden werden konnten, jedoch von der Anzahl her durch unterschiedliche Berichten aus Zeitung und Archivmaterial zusammengetragen wurden!
*KAPD: Die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD), vertrat während der Weimarer Republik, die linke, antiparlamentaristische und rätekommunistische Positionen. (Quelle: Wikipedia: Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands – Wikipedia)
**USPD: Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) war eine sozialistische Partei im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Von Sozialdemokraten in der zweiten Hälfte des Ersten Weltkrieges gegründet, war sie eine Abspaltung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) (die sich dann MSPD nannte). Die USPD bestand nach Parteieintritten von SPD-Mitgliedern, Gründungen von parteiinternen Organisationen und deren Abspaltung sowie zahlreichen Aus- bzw. Übertritten in andere Parteien bis 1931. (Quelle, wenn auch der Bericht umstritten ist, jedoch die Partei richtig beschrieben hat im ersten Absatz: Wikipedia: Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands – Wikipedia)
Weiterführende Literatur oder Internetseiten:
Sahin Aydin: sahinaydin
Über den Rathaussturm von Sahin Aydin: sog. Rathaussturm Bottrop – sahinaydin
Über Alois Fulneczek: 100 Jahre Alois Fulneczek – sahinaydin
Buch über Sahin Aydins Forschung zum Rathaussturm
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Amazon zu laden.
Von Rudolf Isfort: Aus den Tiefen der Hölle – oder der Bottroper Rathaussturm 1919 – Geschichte und Gegenwart (r-isfort.de)
Text: André Brune /Quellen: Rudolf Isfort/Sahin Aydin/Dr. Peter Berens /Wikipedia – Fotos: André Brune / Infokarten: Sahin Aydin
Glück auf zum Sankt Barbara Tag !
+Podcast I +Fotos I Patrick Paulick, ein Freund von Lochnagar – im Gedenken an die Gefallenen des I. Weltkrieg aus dem Ruhrgebiet
Zum Gedenken an den Tag des Waffenstillstands am 11.11.1918 habe ich ein besonderes Interview mit Patrick Paulick, ein Mitglied und Helfer im Verein „Friends of Lochnagar“, geführt.
Er erzählt seine Gedanken und Verbindung zu einem besonderen Tag, der jedes Jahr in England und Frankreich bewußt gefeiert wird und sich immer am 11.11. eines jeden Jahres jährt. Normal wird in Deutschland der Beginn der Karnevalszeit gefeiert. England und Frankreich feiern dagegen mit Feuerwerk das Ende des Ersten Weltkriegs. Sie finden es traurig, dass die Deutschen trotz verlorenen Krieges in dieser Form den Waffenstillstand nicht mitfeiern, der verhindert hat, dass noch viele mehr im Kriegsfeld ihr Leben verloren hätten. Deutschland gedenkt bedächtig den Toten des ersten Weltkriegs seit 1919 durch den staatlich eingeführten Volkstrauertag ohne Feuerwerk und ohne Franzosen und Engländer. Aber den noch größeren II. Weltkrieg mit 60 Millionen Opfern inklusive des Holocausts, wird der Tag eher mittlerweile zu einem Gedenktag für Opfer von Gewaltherrschaft der Nazis.
Nur wenige, gerade aus der jungen Generation, empfinden kaum einen Bezug zu der Zeit, dessen Krieg der Ursprung von Tod und Leiden des II. Weltkriegs ist. Darunter zählen auch für den verlorenen I. Weltkrieg einfach propagandistisch von den Nationalsozialisten verantwortlich gemachten Juden. Sechs Millionen Juden wurden systematisch im Holocaust getötet. Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Osmanische Regierung im I. Weltkrieg den Holocaust von Armeniern veranlasst hat. Der heute immer noch sehr umstritten im türkischen Parlament diskutiert wird. Und bis heute nicht richtig aufgearbeitet wurde. Das die damaligen Kolonien ebenfalls schon vor dem I. Weltkrieg Holocausts in Teilen von bestimmten Völkern, wie z.B. die Hereros durch die Deutschen Kolonisten, hinter sich haben und Soldaten herangezogen wurden, die für die Länderherren in den Krieg gezogen wurden, für den sie bestimmt nichts konnten und auch in Verdun auf den Schlachtfeldern ihr Leben verloren haben, wird ebenfalls vergessen.
Deutschland bereitet sich am 11.11. eher für den Karneval eines jeden Jahres vor. Karneval ist in Deutschland heute wichtiger als ein unrühmliches Waffenstillstandsabkommen eines verlorenen Krieges. Aber es darf nicht vergessen werden, dass eben durch den damals schrecklichen Krieg mit all seinen Konsequenzen für das 20. Jahrhundert, die heutige Freiheit entstanden ist, die wiederum vom heutigen Terror von Außen bewahrt werden muss.
Der Präsident der Franzosen Charles de Gaulle und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer schüttelten sich die Hände und begannen die jahrhundertealte Feindschaft zu einer Freundschaft umzufunktionieren, um diese Kriege nicht wiederholen zu lassen. Der Freundschaftsvertrag vom 22.1.1963 sollte der Anfang einer gemeinsamen friedlichen Gestaltung von Europa sein. Denn wenn man in den Gängen der in der französischen, britischen oder deutschen Gräben mit noch vorhandenen verrosteten Stacheldraht steht, dann waren sie alle Brüder im Feld, die sich gegenseitig umgebracht haben. Sie haben ihr Leben verloren oder gerade noch überlebt für Machtansprüche von hohen Militärs und Politikern, egal von welcher Seite.
Engländer und Franzosen würden sich über mehr BesucherInnen aus Deutschland freuen, um den Waffenstillstand am 11.11. eines jeden Jahres gemeinsam mit einem Glas Wein, Sekt oder Bier zu feiern und sich über den heutigen gemeinsamen Frieden freuen. Denn die Front verlief nie durch Deutschland, sondern durch Frankreich.
Der Bottroper Patrick Paulick fühlt mit den Franzosen und Engländern. Er hat es sich zur lebenslangen Aufgabe gemacht diesen friedlichen Zusammenhalt zwischen den Ländern durch Ausgrabungen und Instandsetzung von Gegenständen, Gräben und Stollen des ersten Weltkriegs sichtbar zu erhalten. Die Schrecken der vier Jahre anhaltenden Kriegswirren mit über 15 Mio Toten weltweit sollen vorzeigbar bleiben und erinnern. Im Podcast berichtet er über seine Vereinstätigkeit bei „Friends of Lochnagar“ und seine Leidenschaft, das kleine eigene Museum, und wie er durch seinen Vater dazu bewegt wurde:
Video-Podcast bei Youtube mit eingebauter Schweigeminute am Ende:
Keine 25 Jahre alt und irgendwie anders als seine Generation, das ist Patrick Paulick. Als Knirps wurde er von seinen Eltern nicht nach Mallorca mitgenommen, sondern nach Verdun und an die Somme. Nicht um sich in die Sonne zu legen, sondern um Knochen und Munition aus dem ersten Weltkrieg auszugraben. Seine Generation interessiert sich sehr wenig für Historische Dinge die im Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg stehen. Doch es ist seine Herzensangelegenheit auch Soldaten aus dem Ruhrgebiet, die noch als Vermisst gelten zurückzuführen zu den Familien. Dies hat Patrick mit seinem Vater und Bruder insgesamt fünf Mal geschafft, was nicht einfach ist, wenn man die Narben der Landschaft immer noch sieht. Wege dürfen nach über 100 Jahren nicht verlassen werden. Granaten und auch Minen oder Chemiebomben sind immer noch zu finden, obwohl schon die Wehrmacht im zweiten Weltkrieg durchmarschiert ist.
Patrick kann französisch sprechen und hat in Frankreich Freunde gefunden. Frankreich ist seine zweite Heimat geworden. Er gehört 100 Jahre nach dem Waffenstillstandsabkommen von 1918 einer Generation an, die in Frieden und Freiheit leben können. Wäre er um 1890 geboren, hätte er sich im zeitgemäßen Patriotismus vielleicht freiwillig gemeldet und für Kaiser und Vaterland gekämpft. Vielleicht wäre er auch im Feld geblieben, zerfetzt von Maschinengewehrkugeln, Minen, Granaten, Chemiebomben oder durch Luftangriffe. Heute kann er mit den Briten und Franzosen lachend am Tisch sitzen in Frieden und Freiheit.
Unbewußt wurde im ersten Weltkrieg um die Freiheit von Heute gekämpft. Doch die Auswirkungen waren erst einmal das Aufblühen von Antisemitismus. Die Juden wurden mit der Dolchstoßlegende, dass die jüdische Heimatfront den Krieg den deutschen Militärs in den Rücken gefallen wären, belegt. Der Nationalsozialismus wurde stark mit einer verabscheuungswürdigen Ideologie, die in einen zweiten Weltkrieg mit 60 Millionen Toten mündete, wovon akribisch mit deutscher Gründlichkeit (Stichwort Wannseekonferenz) der Holocaust, also die sogenannte Endlösung der Juden verfolgt. 6 Millionen wurden in Augen der Nazis vernichtet. Schon die deutsche Worterfindung ist ein Schrecken für die Nachwelt. Doch es gibt weiterhin Leugner und Menschen, die diese Taten der damaligen Generation als ein Kürzel in der Geschichte bezeichnen und endlich ein Schlusstrich gemacht werden müsse.
Die Auswirkungen durch den verlorenen I. Weltkrieg, die wirtschaftlichen Probleme durch die hohen Reparationszahlungen an die Alliierten, weil Deutschland die komplette Schuld auferlegt wurde, ließ diese Ideologie erblühen. Und wie im Mittelalter wurden neben den Juden, Romas und Sintis, Homosexuelle oder politisch anders denkende Personen, für den verlorenen I. Weltkrieg verantwortlich gemacht. Natürlich ist der alte Feind Frankreich und Großbritannien weiter Schuld an dem Leid der Deutschen gewesen. So gesehen ist allein wegen dieser ideologischen Verblendung schon der I. Weltkrieg die Urkatastrophe des 20. Jahrhundert, die sich nach dem II. Weltkrieg noch in die ideologische Aufteilung der demokratischen und den kommunistischen Staaten mit dem Kalten Krieg auswirkte. Heute wirkt sich diese Ideologie weiter in der Verantwortungsverschiebung in der Pandemie, das gewählte Regierungen Freiheiten entnehmen, die jedoch nur die Gesundheit der Bevölkerung schützen möchten.
Die Nazis nutzen diese Verordnungen und drehen den Spieß um. Sie reden von Freiheit für das Volk, das sie selbst unterdrücken würden mit unmenschlichen Verordnungen und eingerichteten neuen Konzentrationslager für Personen die nicht in den ideologischen Kram passte. Hätten die Nazis gesiegt mit ihrer Ideologie, würden wir nicht in dieser Freiheit von Heute leben. Die Zeit der 1920er waren geprägt von Unruhen, Terroranschläge auf unterschiedliche politische Lager und Hunger durch eine horrende Inflation 1923 und Weltwirtschaftskrise von 1929. Der Weg für eine Gewaltherrschaft unter Adolf Hitler wurde geebnet. Der verlorene I. Weltkrieg hat seinen unrühmlichen Teil dazu beigetragen, Freiheit und Demokratie im jungen Deutschland im Keim zu ersticken, aber auch nach 12 Jahren Naziherrschaft und dem II. Weltkrieg, eine neue Möglichkeit, den Weg von Heute, den endgültigen Weg der Weimarer Republik weiter zu gehen, nämlich in Freiheit und Demokratie, die wir heute erleben dürfen. Dafür setzt sich Patrick und seine Familie auch in Zukunft mit Ihrem Tun ein.
– Foto: André Brune
Der Ruhrpottologe möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden. Der Blog soll nicht nur humorvoll Ruhrpottwörter erklären und tolle Menschen, die das Ruhrgebiet von Heute prägen, sondern auch Dinge ansprechen auf Hochdeutsch, wenn es sein muss, die ebenso wichtig in der Geschichte des Ruhrgebiets waren und sind. Deswegen habe ich einen Podcast mit Patrick Paulick zum zweiten Mal gemacht, weil er diesen besonderen Verein unterstützt: „Friends Of Lochnagar“.
Das beeindruckte mich, das ein junger Mann, der mein Sohn sein könnte, sich entschieden hat, das Feld des Todes aufzusuchen, zu graben, aufzuräumen und anderen zu zeigen, wie es war und nicht mehr wiederholt werden sollte. Er baut mit französischen Freunden alte Gräben zu Anschauungszwecke wieder auf. Er zeigt damit die schrecklichen Seiten des Krieges. Und mit unserem Geplauder über den Weltkrieg, Einsichten und Ansichten, machte er mich neugierig, so dass ich vorhabe, obwohl ich schon mal vor Ort war und vor dem Beinhaus von Verdun stand, wo 700000 Soldaten in einem halben Jahr gestorben sind, mitzufahren und zu helfen, wenn es die Zeit erlaubt.
Wer mehr wissen will kann sich folgende Filme auf Youtube ansehen:
Interessante Links und Shownotes zum Podcast:
Patrick Paulick engagiert sich mit seinem Vater im Verein „Friends of Lochnagar“
https://lochnagarcrater.org/conserve/friends-of-lochnagar/
***
Eine interessante Internetseite über die Schlacht um Verdun von Michael Prisille:
***
Interessante Youtube-Filme zum Thema
über den Lochnagar:
Lochnagar Crater – Mines – YouTube
Lochnagar Crater – Attack on La Boisselle – YouTube
This WWI Explosion Left a Hole 70 Feet Deep | Lochnagar Crater – YouTube
The Blast that Obliterated 10,000 Germans – YouTube
The First World War – Lochnagar Crater – YouTube#
Der Waffenstillstand 1918 | Karambolage | ARTE – YouTube
über die Schlacht von Verdun:
Verdun is a Human Slaughterhouse | Apocalypse: WWI – YouTube
Verdun Battle Scenes (1916) – YouTube
Schatten von Verdun – YouTube
German Werth – Augenzeugen berichten über: Verdun 1916 (Teil 1) – YouTube
100 Jahre Schlacht von Verdun – YouTube
Verdun – Sie werden nicht durchkommen! Doku (2014) – YouTube
Fort Douaumont – YouTube
The First World War – Verdun – Fort Douaumont – YouTube
VERDUN Heute | Dieser Ort forderte 700000 Opfer – Vlog #8 – YouTube
Allgemeine sehenswerte Dokumentationen über den I. Weltkrieg:
Der Film von Peter Jackson: They Shall Not Grow Old (OmU) – YouTube
DIE WELT – Die Narbe. 100 Jahre Erster Weltkrieg – Eine Reise an die Front – YouTube
Apokalypse – DER ERSTE WELTKRIEG (1): Pulverfass Europa | HD Doku – YouTube
Apokalypse – DER ERSTE WELTKRIEG (2): Stellungskrieg | HD Doku – YouTube
Apokalypse – DER ERSTE WELTKRIEG (3): Die Hölle der Front | HD Doku – YouTube
Apokalypse – DER ERSTE WELTKRIEG (4): Kriegseintritt der USA | HD Doku – YouTube
Mit Jubel in die Hölle 100 Jahre Erster Weltkrieg Doku HD – YouTube
Der Erste Weltkrieg – Die Gashölle oder auch Apltraum Ypern – Dokumentation – YouTube
***
Weitere Informationen im Youtube-Kanal: Ruhrpottologe André Brune – YouTube