FilmTipp I Arte-Doku: Gast-Arbeiter. Die Entwurzelten Marokkos

Der Ruhrpottologe guckt ja auch mal über den Tellerrand vom Ruhrpott. Da gibt es noch einige Dinge zu sehen. Zum Beispiel, wie ist das denn mit Gastarbeitern für den Bergbau in den anderen Ländern gewesen?

Frankreich zum Beispiel hat nicht, wie Deutschland Türken angeworben, sondern unter anderem Marokkaner. Sie sollten in Nordfrankreich und im Elsass in den 1960er und 1970er Jahren Bergwerke unterstützen, da es an französischen Arbeitern mangelte.

In der Arte-Doku „Gast-Arbeiter. Die Entwurzelten Marokkos“ werden einige Marokkaner befragt, wie sie es erlebt haben. Hier zur Sendung: Gast-Arbeiter. Die Entwurzelten Marokkos – Die ganze Doku | ARTE

Die meisten kamen vom Dorf, konnten auch nicht die französische Sprache. Viele wollten mehr Geld verdienen, um ihre Eltern stolz zu machen und ihnen zur Unterstützung das Verdiente schicken, damit sie es besser haben werden auf dem kargen Land in Marokko. Doch so einfach war es nicht, wie sie es gedacht hatten.

In den Dörfern und auf dem Land lebten die meisten von Schafe hüten, Datteln pflücken oder waren tätig in der Landwirtschaft und sonst nichts. Als eines Tages Felix Mora, ein Kenner der Marokkanischen Verhältnisse kam, und Marokkaner für die französische Wirtschaft vom Fließband bei Renault bis hin zum Bergbau anwarb, ließen die 18 bis 25 Jährigen Marokkanischen Männer dies sich nicht zwei Mal sagen. Wie bei einer musterungsärztliche Begutachtung beim Militär wurde die körperliche Konstitution der Männer untersucht. Ein grüner Stempel bedeutete Tauglich. Ein roter Stempel bedeutete weiterhin Schafe hüten.

Die Erlebnisse anschließend auf dem Schiff, dass sie rüberbrachte nach Frankreich, waren für die „Landkinder“ schon ein Graus gespickt mit Seekrankheit und dem Aufsagen ganzer Suren aus dem Koran, damit die Angst vor dem Versinken genommen wird.

Dann kam der Tag hinab in die Welt der schwarzen Kohle zu steigen: „Er fuhr sehr schnell. Der Druck auf den Ohren war schlimm. Uns war immer schlecht als wir unten ankamen. Einige wollten da nicht mehr runter. Alles war schwarz und dreckig. Da unten trat Grubengas aus. Manche haben in Unterwäsche gearbeitet, sonst wäre es in dieser Gluthitze nicht möglich gewesen zu arbeiten. Warum meinst du, warum die Franzosen die Arbeit nicht machen wollten… Manche verloren ein Bein, eine Hand oder ein Auge. Für die Jungs, die es erwischt hatte, war es vorbei. Wenn Staub herabrieselte sollten wir uns schnell in Sicherheit bringen. Das haben sie uns beigebracht“, so ein Zeitzeuge aus der hervorragenden Arte-Dokumentation.

Die Marokkaner konnten am Anfang kein Französisch. Schwierig wurde es, dass sie unbeliebt wurden, weil sie für ein bis zwei Jahren arbeiten wollten, um viel Geld zu verdienen. Sie hatten mehr Akkord gearbeitet, nahmen mehr Gefahren auf sich, um reicher als die französischen Bergarbeiter zu werden, die eher gemütlicher gearbeitet haben und mit weniger Geld nach Hause gingen.

„Ins Bergwerk zu gehen, ist wie in den Krieg ziehen. Entweder du kommst heil zurück oder du lässt dein Leben“, sagt ein anderer Augenzeuge. Der auch gute Freunde verloren hatte unter der Erde oder durch die Staublunge.

Fünf Männer in einem Schlafsaal. Alles ledige Männer oder die erst nach vielen Jahren ihre Familie nachholten. Auch die Frauen werden interviewt.

Zwischendurch ist es gespickt von einem besonderen lyrischen Text zum Thema:

Es ist die Geschichte unserer Väter und der Industrie.

Früher auf dem Feld, dann im Bergwerk.

Nichts ist von Dauer…

nur die Einsamkeit der Väter.

Väter, die Kohle schürfen

Tag und Nacht.

Fazit: Eine aufschlussreiche Dokumentation über die Behandlung und Geschichte der Marokkanischen Arbeiter und nachgezogenen Familien in Frankreich, die es nicht einfach hatten in einer neuen Welt. Vergleichbar ist diese Dokumentation mit den Gastarbeitern aus der Türkei bei uns in Deutschland. Deswegen SEHENSWERT!

Übern Tellerrand geguckt in Höntrop anne Baare-Villa aufn Töpfermarkt

Im wahrsten Sinne in Sachen Keramikteller bin ich beim sonntäglichen Brötchenholen in unserer Stadtteilbäckerei überrascht über ein Plakat gestolpert. Jahrelang is mir dat ja schon aufgefallen in Bochum, abba war nie da, obwohl ich schon seit 1995 in Bochum wohne und dat immer widda auftaucht im September und wenn ich vor hab dahin zu gehen, is schon widda vorbei. Jetz wohn ich seit 2013 sozusagen umme Ecke, nur 2 km entfernt vonne Villa Baare und bin dat erste Mal aufn Töpfermarkt gegangen. Hat sich gelohnt. Hab son Schwimmteil mit Fröschen gekauft fürn Gartenteich, einen Spülwurm für die elektrischen Zahnbürsten und einen Fliegenpilz für den Balkon. Allet is aus Ton. Und wenn so gucks bei den 50 HandwerkerInnen, die zum Großteil schon seit 1995 dabei sind, dann kannse dein Geld schnell loswerden. Denn dat sind wirklich so tolle Dinge da. Von Kunst bis zu anwendbaren Tassen mit Seepferdchen is allet dabei.

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Geh ma aufe Internetseite von www.höntroper-töpfermarkt.de da findse auch die 50 AusstellerInnen, die nix anders machen als Spaß mit dem Ton zu haben und dann dafür auch noch Geld kriegen. Die Krux is abba im September finden so viele verschiedene Märkte statt, von Mittelalter bis hin zu Erntefeste, wat weiß ich. Also kannse dir ja aussuchen.

Und eine Tonkünstlerin, von der ich auch den Spülwurm hab für die Zahnbürsten, kommt aus Witten. Die wird von mir noch dieses Jahr einen Besuch für meinen Blog bekommen und wird gepodcastet werden, wenn se will. Zumindest hatse nix dagegen gehabt. Auf Bald im Töpfermarkt in Höntrop! Immer am letzten Wochenende im September seit 1994!

Wo findet der Höntroper Töpfermarkt statt?

Tja, da isset schon wirklich ganz interessant! Denn der Ort is wat ganz Besonderet! Im Ortsteil Höntrop gabet mal bis zur Eingemeindung nach Wattenscheid die Baarestraße in diesem Straßenabschnitt. Heute is dat die Höntroper Straße. Und dat hat nix mit der Eingemeindung von Wattenscheid nach Bochum 1976 geschehen zu tun…Gewidmet wurde diese Straße damals dem großen Generaldirektor Louis Baare vom Bochumer Verein für Gußstahlfabrikation inne Nähe von Zeche Vereinigte Maria Anna Steinbank. Wer sich noch erinnern kann, weiß dat hier ma so um 2000 ein Auto vorm Haus in 15 Meter Tiefe abrutschte, als sich ein Loch durch die Zeche aufgetan hat. Die Steinbank vonne Maria Anna war die größte Zeche in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1904. Dat war ein riesiget Gelände. Abba da kann sich keiner mehr erinnern. Lebt auch keiner mehr von. Logisch. Heute is da nur noch ein Stein vom Malakofturm und die Hinweistafel, wat da ma war. Ansonsten is da jetz Aldi, die Höntroper Feuerwehr, ne Schule und Kindergarten und jede Menge Einfamilienhäuser.

Ein Stein vom Malakoffturm der Zeche Maria Anna Steinbank
Hinweisschild vom Bergbauwanderweg über Zeche Maria Anna Steinbank, Schacht 4 von 1871 bis 1904 in Höntrop gegenüber der Villa Baare

Die Zeche is wat wichtiget im Teil von Otto Taeglichsbeck gewesen. Denn wer in Bottrop oder Waltrop die Taeglichsbeckstraße bewohnt, weiß nich, dat der ma ne wichtige Persönlichkeit nich nur im Ruhrpott war. Abba dazu gibbet einen eigenen Straßenbericht in Hochdeutsch demnächst. Ich recherchiere noch.

Die Villa vom Louis is 1888 im Dreikaiserjahr (zwei Kaiser gestorben, der Dritte war Kaiser Wilhelm II.) gebaut worden. So gesehen im Neoklassizismus, wenn ich nich irre. Da stehen noch sogar Bäume aus der Zeit im Garten. Neben einem Wirtschaftsgebäude hat sein Sohn Fritz Baare  nochn Turm und Weiteres 1904 angebaut.

Villa Baare mit dem vom Fritz Baare gebauten Turm

Nach 1945 wurde dat ein Kinder-Kurheim. 1974 an die Stadt verkauft, nutz heute dat herrschaftliche Anwesen ein Verein fürn Waldorfkindergarten.

Im Video hab ich ein paar Bilderkes. Abba durch die Handwerkerstände und vielen BesucherInnen war dat komplette Gebäude nich zu fotografieren.

Vielleicht sehn wir uns da nächstet Jahr am 24. Und 25.9.2022? Würd mich freuen!

Euer Ruhrpottologe André Brune

Quelle: www.höntroper-töpfermarkt.de und www.wikipedia.de und die Hinweistafeln von Bergbauwanderweg